Category: News - 2020.08.25
Etel Adnan . Überweben
Hörspiel von Ulrike Haage und Klaudia Ruschkowski
Komposition und Regie: Ulrike Haage
SprecherInnen: Ilse Ritter, Valéry Tscheplanowa, August Diehl
Ursendung: 20. September 2020, 18:30 Uhr, DLF Kultur
Dem Hörspiel ÜBERWEBEN liegen die 1968 verfassten Briefe der Dichterin und Malerin Etel Adnan, die damals Philosophy of the Arts am San Rafael College in Kalifornien unterrichtete, an ihre Freundin Claire Paget in Beirut zugrunde. 2016 wurden sie unter dem Titel Life is a Weaving von der Galerie Lelong, Paris, herausgegeben – mit einem erläuternden Vor- und Nachwort von Etel Adnan.
In 10 Montagsbriefen geht es um die Kunst des sogenannten primitiven Webens bei der für ihre Forschungen auf diesem Feld bekannten Weberin Ida Grae. In einem zehnwöchigen Kurs vermittelt sie den Kunststudentinnen das Weben als ursprünglichen Akt im Umgang mit der Natur, bringt ihnen die Herstellung von Farben aus natürlichen Substanzen und von Webrahmen aus Fundstücken bei.
Heute und im Zuge der Pandemie, die unmittelbar mit unserem Umgang mit der Natur und der maßlosen Ausbeutung des Blauen Planeten zu tun hat, haben Etel Adnans Briefe die Qualität einer Rückblende, eines Innehaltens, einer Reflexion, die wie Balsam für beschädigte oder verloren gegangene Seelen wirkt. Dazu zählen auch ihre vielen Assoziationen, die poetischen Einschübe, die Beschreibungen der Kulturrevolution der 1960er Jahre in Kalifornien. Zugleich zeugen die Briefe vom Zeitgeist eines widersprüchlichen Amerikas, damals wie heute gekennzeichnet von Rassismus, von der Unterdrückung der indigenen Völker.
Die Publikation Life is a Weaving enthält Abbildungen einiger abstrakter Teppichentwürfe von Etel Adnan. Einem imaginären Bildbetrachter kommt die Aufgabe zu, sie für die Hörer ebenso sichtbar werden zu lassen wie die phantasievollen Teppiche der jungen WeberInnen in der vom Architekten Wissa Wassef begründeten Webschule im ägyptischen Harrania.
Die Kompositionen für ÜBERWEBEN haben zwei Ebenen: Eine, die ebenso aus natürlichen Soundquellen wie Holz, Samenkapseln, Ästen, Flügelsaiten besteht wie Ida Graes Webmaterialien und über die Gesamtlänge des Hörspiels auf der Grundlage eines Entwurfs von Etel Adnan einen Klangteppich webt. Und eine zweite, die mit subtilen, konkreten Tönen Bezüge zu den poetischen und philosophischen Zitaten herstellt.
„… aus allen diesen Indizien wird so etwas wie ein Wunder hervorgehen, mit anderen Worten ein Moment der Klarheit, jener kleine Moment des Wissens, der uns im Gesamtmaßstab der Welt entgeht.“ (Erster Montag)